Samstag, 7. Juli 2007

Der hl. Apostel Thomas und sein Zweifel (Joh 20,24-29)

Wenn jemand im Kreis gläubiger Menschen seinen Zweifel am Glauben kundtut, muss er sich u. U. darauf einstellen, dass ein Bekehrungsversuch in Form eines gewaltigen Wortschwalls der Rechtfertigung über ihn hereinbricht. Meistens ist die Ursache dafür die, dass die Glaubenden den Zweifel des Zweifelnden irgendwie persönlich nehmen, als Angriff auf die eigene Gläubigkeit fehl deuten, den Zweifel moralisch werten. Dabei heißt Zweifel nicht immer gleich "Ich glaub nix - mir fehlt nix", vielleicht "Mir fehlt etwas, und was du sagst würde mich weiter bringen, nur ich finde keinen Zugang dazu". Auf jeden Fall ist ein Wortschwall der Rechtfertigung so ziemlich das letzte, was ihm weiterhilft. Was ihm fehlt, ist eine Erfahrung, eine Begegnung.
"Selig sind, die nicht sehen und doch glauben", sagt Jesus (V. 29). Und es hören nicht wenige daraus auch einen moralischen Appell, allein auf das Wort der Verkündigung hin zu glauben. Dabei besagt es nicht mehr oder weniger, als dass der zu beglückwünschen ist, der diese Offenheit, dieses Vertrauen hat.
Der Apostel Thomas ist im kirchlichen Gedächtnis vorwiegend als der Zweifelnde verankert. Warum er am Osterabend nicht bei den anderen Jüngern war, wissen wir nicht. Vielleicht brauchte er nach den sich überstürzenden Ereignissen der vorangegangenen Tage einfach Abstand. Jesus schenkt ihm nun nachträglich die Begegnung, die die anderen Jünger schon erleben durften, so dass auch Thomas als Apostel Zeuge der Auferstehung sein kann.
Ich lese dieses Oster-Evangelium mit der Brille des Gleichnisses des Guten Hirten, der dem Verlorenen nachgeht, bis er es findet und es dann heim trägt zur Herde. Man kann es auch lesen mit der Brille des Gleichnisses vom Barmherzigen Vater, der seinem Sohn entgegen läuft, ihm um den Hals fällt und ihn ohne langes Erklären und jegliche Vorwürfe wieder aufnimmt. Und dann ist wegen dieser Erfahrung doch wohl Thomas selig zu preisen, weil er nicht nur die ganze Lebendigkeit, sondern zugleich die ganze Barmherzigkeit Jesu in voller Wucht erfahren durfte.
Vor Gott gilt auch die ehrlich angenommene Schwäche; an die knüpft Jesus genauso an wie am Vertrauen dessen, der sich ohne diese Umwege auf SEINE Weg einlassen kann. Es ist gleich viel wert, ob du nun auf den urchristlichen Ostermorgen-Gruß "Der Herr ist auferstanden!" überzeugt antwortest mit "Er ist wahrhaft auferstanden!" oder zaghaft mit "Ich möchte glauben, Herr, hilf meinem Unglauben!"