Freitag, 20. Juli 2007

Die Herausforderung einer eigenen Meinung (Lk 4, 21-30)

Wie schnell Stimmungen kippen und Meinungen schwanken können, das haben sicherlich die meisten von uns schon mal hautnah erfahren. Eben waren noch alle dafür, plötzlich sind auf einmal alle dagegen. Eben noch fanden alle eine Sache toll, auf einmal meinen alle, es sei Unsinn. So ein Stimmungsumschwung kann nach außen hin viele Ursachen haben. Doch nach innen ist der Grund immer Unsicherheit; sei es, weil man nicht genügend Informationen hat oder einem der Mut zu einer eigenen Meinung fehlt.
Die Menschen in der Synagoge von Nazareth haben so ihre Probleme mit ihrem alten Nachbarn Jesus. SEINE Entwicklung vom gehorsamen Zimmermannssohn zum wundertätigen Wanderprediger können sie nicht einordnen. Das Alte, Vertraute wird fremd. Sie bewundern und beargwöhnen IHN zugleich. Und eine kleine Provokation mit Worten löst in ihnen einen so gewaltigen Stimmungsumschwung aus, dass sie IHN, den sie eben noch beklatscht haben, an den Abgrund der Steinigung führen. Eine Entwicklung, die Lukas dramatisch schildert und dem Leser bzw. Hörer den Atem stocken lässt.
Stimmungen beherrschen uns Menschen mehr, als uns lieb ist. Und von der Meinung anderer machen wir uns abhängiger, als wir eigentlich wollen und offen zugestehen. Glaube an Jesus kann und darf jedoch weder auf einer bloßen Stimmung fußen, noch ein Fähnchen im Wind sein. Die Entscheidung, IHM zu glauben und zu folgen, muss ganz und echt sein.
Schon der greise Simeon hatte bei der Darstellung des Jesus-Kindes im Jerusalemer Tempel prophezeit, dass Jesus ein Zeichen ist, dem widersprochen wird. Viele richten sich an IHM auf, aber auch viele kommen zu Fall. (vgl. Lk 2, 34ff) Hier in der Synagoge von Nazareth zeigt sich, wie wahr diese Prophezeiung Simeons ist. Und auch heute, 2000 Jahre später, hat sich an dieser grundsätzlichen Gefahr nichts geändert. Auch heute ist kaum etwas mächtiger, aber auch anfechtbarer, als die sog. „öffentliche Meinung“ - in einer Medien-Demokratie vielleicht sogar noch mehr als damals. Und sie beeinflusst uns auch im Glauben. Doch Jesus sucht keine Bewunderung, sondern unsere Nachfolge.